Abu Telfan by Wilhelm Raabe
Autor:Wilhelm Raabe [Raabe, Wilhelm]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9788026827290
Herausgeber: e-artnow Verlag
veröffentlicht: 2014-12-14T16:00:00+00:00
Neunzehntes Kapitel
Inhaltsverzeichnis
Es war ein braves Essen und machte dem Charakter der kleinen, wackern Serena alle Ehre. Der Wein des Professors war recht zu loben; wäre nur auch die Gemütsverfassung der Schmausenden zu loben gewesen. Sie ließ alles zu wünschen übrig; selbst auf die heitere Seele des Vetters Wassertreter drückte allmählich ein schwarzes Gewölke; der Gastgeber war still und nachdenklich, die Tochter fast noch stiller und nachdenklicher, und der Ritter von Bumsdorf aß und trank, aber ohne Genuß. Ein umgekehrter alter Ägypter, hatte er nicht seinen verstorbenen Großvater, sondern seinen höchst lebendigen Herrn Sohn sich gegenüber an der Wand lehnen und ließ sich von ihm den guten Humor mit ebensolcher Berechtigung verderben wie irgendein thebanischer oder memphitischer Grundbesitzer vor viertausend Jahren den seinigen durch die anrüchigste Ahnenreihe.
Wie immer vergnügten sich diejenigen am meisten, die Gewinn und Verlust des Tages oder der Stunde am wenigsten berechnen konnten. Täubrich-Pascha war fest überzeugt, daß sein Patron, wie er sich ausdrückte, heute gradso einen großen Sieg über die Residenz gewonnen habe als der König Xerxes von Griechenland über den Kaiser Alexander von Persien. Sievers, der stahlherzige Vasall des Hauses Bumsdorf, hatte einen Taler von seinem jungen Herrn Hugo empfangen und hielt ihn im seligsten Bewußtsein fortwährend warm in der linken Hand und in der linken Tasche seiner gelben ledernen Hose. Beide, der Pascha und der Vasall, saßen in der Küche des Hauses Reihenschlager, und beide Mägde des Hauses hatten Befehl, ihnen den Aufenthalt drin so angenehm als möglich zu machen. Als die Glocke der Mitternacht erklang, fand es sich, daß die Zeit in den untern Räumen des Hauses viel schneller und angenehmer hingegangen war als in den obern, und es bedurfte längerer und dringender Überredung, um den biedern Knappen zu bewegen, die Rieke vom rechten Knie freizulassen und seinem Ritter in den Pelz zu helfen.
Pilz und Schaumlöffel hatten viel von ihren Studentenjahren gesprochen, aber die besten Schnurren in Anbetracht der Gegenwart des Fräuleins für sich behalten müssen. Der Herr von Bumsdorf hatte mit dem Fräulein Ökonomie – Gartenwirtschaft, Milchwirtschaft und Federviehzüchtung – getrieben. Von der Vorlesung war kaum noch die Rede gewesen, und Leonhard Hagebucher durfte sich seinen unruhigen Gedanken, dem Gewimmel von Fragezeichen in seiner Seele ungestört hingeben: jeder der Anwesenden hatte sich vorgenommen, ihm seine Ansichten über den Abend in einem ruhigen Augenblick ausführlich mitzuteilen; allein diese stille Minute hatte sich für niemanden gefunden. Es war übrigens auch besser so.
Als die Herren aufbrachen, drückte der koptische Professor seinem Mitarbeiter an der großen Grammatik die Hand und sprach dumpf:
»Morgen, lieber Hagebucher!«
Und Hagebucher antwortete zerstreut:
»Es wird sich wohl für alles eine Zeit finden! – Fräulein Serena, ich danke herzlich für die gütige Bewirtung.«
»O ich habe zu danken!« rief die kluge Tochter des gelehrten Vaters. »Sie haben uns heute ganz andere Dinge, als in meinem Kochbuche zu finden sind, zusammengerührt und aufgetragen! Nun, der liebe Gott möge jedem von uns einen guten Schlaf nach der Aufregung verleihen.«
»Ein guter Wunsch! Wollen Sie einen Kuß dafür, Liebchen?« rief der Vetter Wassertreter, aber Serena versteckte sich lachend und kopfschüttelnd hinter dem Papa, und auch der Wegebauinspektor fuhr endlich in seinen Pelz.
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